18. Das Manuskript

Ihr Manuskript war nach zwei Monaten fertig überarbeitet. Sie war selber überrascht. Da sie wusste, dass ihr Chef einige Beziehungen zu Verlagen pflegte, für die er Werbung machte, schickte sie ihm das Manuskript zu. Er erklärte sich sofort bereit, es einigen passenden Verlegern zukommen zu lassen. Ohne eine Gegenleistung zu verlangen, selbstverständlich.

 Nach weiteren vier Wochen bekam sie eine Antwort. Der Chef eines Verlagshauses wollte ihr einen Agenten vorbeischicken, der mit ihr die weiteren Schritte besprechen würde. Greta und Dora stiessen an jenem Tag mit Champagner an.

Santé!“ rief Dora.

Greta schluckte den perlenden Saft herunter. Sie konnte es nicht glauben; sie würde ein Buch veröffentlichen!

 Greta war einigermassen nervös. Sie hatte mit dem Agenten ironischerweise im Bären abgemacht, da dieser auch dort übernachten wollte. Greta hatte einen geschleckten Herrn mit Menjou-Bärtchen erwartet. Am Tisch in der Ecke sass ein Mann Mitte 50, der eher wie ein Buchhalter, denn wie ein Literatur-Vermittler aussah.

Er stand auf und begrüsste sie mit dargebotener Hand. Er war einen halben Kopf kleiner als sie.

Freut mich, Sie kennenzulernen.“

Nennen Sie mich einfach Greta“

Dann nennen Sie mich bitte Horst.“

Sie nickten.

Sind Sie hier aufgewachsen, Greta?“

Sie schüttelte den Kopf.

Nein. In Zürich. Meine Mutter stammte von hier.“

Er grinste.

Sehr ländliche Gegend. Gefällt es Ihnen hier? Ich meine, Sie müssen zwei Stunden fahren, bis Sie ins Kino gehen können.“

Kino ist beileibe nichts Wichtiges für mich. Ich bin froh, dass es ein Geschäft gibt. Alles andere kriege ich auch so.“

In jenem Moment kam die Serviertochter, Stefans Frau, daher und wollte die Bestellung aufnehmen. Ihr Bauch war riesig. Sie funkelte Greta unfreundlich an.

Und? Was darf’s sein?“

Ein Kaffee crème.“

Die andere latschte davon, betätigte die Kaffeemaschine und stellte Greta die Tasse mit soviel Energie hin, dass ein Teil des Kaffees auf dem Unterteller landete.

Opala!“ sagte Horst, „sind wir ein bisschen ungeschickt?“

Die Serviertochter warf ihm einen todbringenden Blick zu.

Greta konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Hier oben sind wir alle sehr empfindlich.“

In der Küche klirrte es als Antwort.

Horst räusperte sich.

Wissen Sie, wir haben Ihr Buch gelesen. Das heisst, ich habe es gelesen und finde es sehr eindrücklich. Es ist poetisch und gleichzeitig sehr lebensnah.“

Greta nickte.

Freut mich, dass es Ihnen gefällt.“

Wir werden es übernehmen, denn wir versprechen uns, dass es ein grosser Erfolg wird. Können Sie damit leben?“

Sie blickte ihn überrascht an.

Wie meinen Sie das?“

Sie werden berühmt. Viele Menschen werden Sie nachher kennen.“

Sie winkte ab.

Ich will nicht berühmt werden. Auch nicht reich.“

Horst blickte sie neugierig an.

Wollen Sie nicht?“

Nein.“

Horst nestelte nervös in seinen Unterlagen.

Sie wollen ihr Buch unter einem Pseudonym veröffentlichen?“

Sie nickte.

Notfalls ja.Ich mags nicht, wenn Menschen mich anstarren.“

Das ist natürlich eine neue Ausgangslage. Lassen Sie mich kurz überlegen.“

Er lehnte sich zurück und starrte an die Decke. Er hielt sich seinen Zeigefinger auf die Lippen.

Das sollte gehen. Wir könnten das Marketing auf dieser Tatsache aufbauen.“

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